"Jolly Roger" - der Dok-Film zum Piratenradio
pers�nlich.com / 18.07.2003
"Jolly Roger" heisst ein Filmprojekt, hinter dem der TV-Produzent Beat Hirt steht. Im Mittelpunkt des Dokumentarfilms, der im November in die Schweizer Kinos kommt, steht die Geschichte des ehemaligen Piratensenders Radio 24. "persoenlich.com" wollte von Hirt wissen, wie seine Beziehung zu Chef-Pirat Roger Schawinski aussieht, ob er mit seinem Film Medienpolitik zu machen gedenkt und wer sein Zielpublikum ist. Das Interview:
Sie drehen einen Dokfilm über Radio 24. Ein Auftrag von Roger Schawinski?
Nein, das ist ein Auftrag, den ich mir selber erteilt habe (lacht). Ich habe den Aufruhr um Radio 24 damals eng mitverfolgt, wenn auch in erster Linie vor dem Radio sitzend. Die Stürmung des Pizzo Groppera, der gemeinsame Protest der Hörer, die weissen Fähnchen an den Autos: Ich bin überzeugt, dass wir ohne den --- sehr ungeduldigen -- Roger Schawinski noch lange auf eine Veränderung in der Schweizer Radiolandschaft hätten warten müssen.
In wieweit sind Sie verbandelt mit Radio 24?
Ich habe gar keine Verbindung zum Sender selber -- beruflich haben sich die Wege von Schawinski und mir weder bei SF DRS noch beim Radio je gekreuzt. Und auch sonst sind wir uns immer eher reserviert begegnet. Wir kannten und achteten die Arbeit des anderen, mehr war da aber nie. Daher reagierte Schawinski nach dem Verkauf seines Lebenswerks an die Tamedia sehr überrascht auf einen Brief von mir, in dem ich ihm gestand, dass wir ihn sehr vermissen würden, auch all des Wirbels wegen, den er immer gemacht habe. Er hat mich dann angerufen, und gemeint, man wisse ja nie, ob sich nicht doch einmal eine Zusammenarbeit ergeben würde. Dass es nun aber ich bin, der etwas über ihn macht -- damit hat er wohl damals nicht gerechnet.
Die Geschichte von Radio 24 wird doch direkt mit Roger Schawinski assoziiert...
Und dennoch wird unser Film kein Schawi-Film sein! "Jolly Roger" ist ein Film über die Radio-Piraterie, der ausleuchtet, warum es Projekte wie Radio 24 brauchte. Im Mittelpunkt stehen denn auch die vier Jahre von 1979 bis 1983, in denen Schweizer Radiogeschichte geschrieben wurde. Roger Schawinski wird vor allem in Archivfilmausschnitten zu sehen sein. Mit Ausnahme eines kleinen Ausschnitts, für den wir gemeinsam auf den Pizzo Groppera gefahren sind -- für Schawinski im übrigen das erste Mal seit damals --, und wo er spontan seine Gefühle zu formulieren sucht.
"Jolly Roger" ist ein Übername für die Piratenfahne...
Jawohl, und nicht eigentlich für Roger Schawinski -- der Doppelsinn ist uns erst im Nachhinein aufgegangen (lacht). Im Mittelpunkt steht, wie gesagt, das Piratentum von damals, warum wir bewusst auf "Radio 24" im Titel verzichten. Schliesslich gab es ein Dutzend Piratensender, wenn auch Radio 24 alle überrundete. Mit aus diesem Grund kommen Beteiligte von damals wie Röbi Koller, Frank Baumann, oder Christian Heeb mit zu Wort.Jeder erzählt für sich seine eigene Piraten-Geschichte.
Radio 24 hat damals die Schweizer Medienlandschaft umgewälzt, heute ist ein neues RTVG in Planung. Wollen Sie mit Ihrem Film in die laufenden Diskussionen eingreifen?
Der politische Aspekt war sicherlich mit ein Motor für das Projekt. Ich sehe "Jolly Roger" als meinen kleinen Beitrag, um anhand der jüngeren Geschichte zu zeigen, dass es in der Schweiz ein Gesetz braucht, um leichter privat Radio und TV zu machen. Heute kämpft das Fernsehen mit den gleichen Problemen, mit denen sich damals das Radio abmühte. Im übrigen haben wir vor, "Jolly Roger" den Parlamentariern in einer Sondervorführung zu zeigen...
Wer sind die Köpfe hinter dem Projekt?
Meine eigene Produktionsfirma Mesch & ugge AG. "Jolly Roger" ist unserer erster Kino-Dok-Film. Unsere Spezialität ist das Aufarbeiten von Archivmaterial -- auch ein Grund, warum wir auf das Projekt "Radio 24" gekommen sind. Es ist wahnsinnig, was da an Material zu Verfügung steht, auch von privater Seite. Dreiviertel des Films bestehen denn auch aus Archivmaterial.
Wer sind die Geldgeber?
Nun, logischerweise nicht die SRG (lacht). Koproduzent ist der Teleclub, als Medienpartner konnten wir die Tamedia gewinnen. Das muss reichen, schliesslich wollen wir unabhängig sein. "Jolly Roger" visiert die breite Öffentlichkeit an, wir hoffen auf den Erfolg an der Kinokasse...
Wie sieht Ihr Budget aus?
Eine knappe halbe Million Franken.
Dok-Filme sind selten Kassenschlager. Wer ist Ihr Zielpublikum?
Sicherlich die Leute, die das Ganze damals miterlebt und mitgefiebert haben. Dann wollen wir aber auch den Jungen zeigen, was vor 24 Jahren abgegangen ist. "Jolly Roger" ist kein Art-Dok-Film, sondern will spannend, unterhaltend und auch witzig sein. Wir werden zwar kaum wie der Mani-Matter-Film 200'000 Zuschauer generieren. Aber wenn ein Thema stimmt, dann ist das Potential sicherlich da.
(Interview: Almut Berger).
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